Zur Geschichte der Gesellschaft Jesu weltweit

Während seines Studiums in Paris formte Ignatius von Loyola einen kleinen Freundeskreis. 1534 gelobten die sieben Männer auf dem Montmartre Armut und Ehelosigkeit und fassten den Entschluss, gemeinsam nach Jerusalem zu pilgern. Da sich dieser Plan nicht umsetzen ließ, ging die Gruppe 1538 nach Rom, um dem Papst ihre Dienste für die katholische Erneuerung anzubieten. Am 15. April 1539 bekräftigten die Freunde in einem feierlichen Versprechen ihren Entschluss zusammenzubleiben und legten das Fundament für den neuen Orden, dem sie den Namen „Gesellschaft Jesu“ gaben. Die päpstliche Bestätigung erfolgte ein Jahr später am 27. September 1540 durch Papst Paul III. 1541 wurde Ignatius zum ersten Generaloberen der Gemeinschaft gewählt. Das erste Jahrhundert des Ordens war von stürmischem Wachstum und einer unglaublichen Dynamik geprägt. Im Todesjahr des Ignatius, 1556, zählte der Orden bereits tausend Mitglieder. 1640 waren es mehr als 15.000 Jesuiten.
Einstieg ins Bildungswesen
Ignatius und seine Gefährten wollten sich anfangs ausschließlich der direkten Verkündigung der christlichen Botschaft widmen. Aber bald erkannten sie, welche Bedeutung in der damaligen Zeit der Bildung zukam. Da diese Aufgabe der Staat nicht übernahm, schloss Ignatius diese Lücke, indem er an bedeutenden Orten Schulen und Universitäten gründete. Den Anfang machte 1548 die Jesuitenschule in Messina auf Sizilien. Dank der Qualität der Lehrer und des kostenlosen Unterrichtes wurden überall Jesuiten angefordert. Ein wichtiges Element der jesuitischen Pädagogik war das Jesuitentheater, eine Mischung von moralischer Unterweisung und Spaß am Spiel. Es war ein geeignetes Mittel, das breite Volk auf anschauliche Weise in menschlichen und religiösen Fragen weiterzubilden.
Globalisierung
Schon die ersten Jesuiten waren von den europäischen Entdeckungen neuer Länder und Kulturen geprägt. Die Frohe Botschaft des Christentums diesen fremden Völkern zu verkünden, wurde zu einem zentralen Anliegen. Franz-Xaver brach bereits 1540 als Missionar nach Indien auf. Seine Reise führte ihn über die Molukken nach Japan. 1546 starb er auf einer kleinen Insel vor China. Franz-Xaver legte den Grundstein für eine neue Missionsmethode. In Japan lernte er, dass die fremde Kultur studiert und als Eigenwerte anerkannt werden muss. Zeugen für diese Missionsart sind die Patres Roberto de Nobili (†1656) in Indien sowie Matteo Ricci (†1610) und Adam Schall von Bell (†1666) in China. Die anfangs erfolgversprechende Chinamission scheiterte jedoch am „Ritenstreit“. Die Jesuitenmissionare respektierten die in China übliche Ahnenverehrung als einen Akt der Ehrfurcht vor den Verstorbenen. Die Missionare der Bettelorden sahen diese Verehrung als religiösen Kultakt und konnten in Rom bewirken, dass die jesuitischen Missionen geschlossen wurden. Die Berichte der Jesuitenmissionare aus ihren fernen Gebieten lösten in Europa eine Missionsbegeisterung aus.
Wissenschaft
Jesuiten leisteten Herausragendes für die Wissenschaft. Durch den Aufbruch in unbekannte Länder wurden die Jesuitenmissionare vielfach zu bahnbrechenden Entdeckern, Geographen und Sprachwissenschaftlern. So befuhr Pater Jacques Marquette 1673 als erster zusammen mit sechs Gefährten 1700 Meilen des Mississippi. Weit bedeutender noch waren die Anstrengungen der Jesuiten zur Erschließung von Hinterindien, Tibet und vor allem in China. Der portugiesische Jesuit Antonio de Andrade durchquerte als erster Europäer den Himalaya. Pater Barnabas Cabo brachte im 17. Jahrhundert die Chinarinde, auch Jesuitenrinde genannt, von Südamerika nach Europa. Sie bildete über 250 Jahre das Heilmittel gegen Malaria. Der Mathematiker Christoph Clavius wirkte entscheidend an der großen Kalenderreform von Papst Gregor XIII. im Jahre 1582 mit und entdeckte mehrere Mondkrater. Der Universalgelehrte Athanasius Kircher schuf mit der „Laterna magica“ den Vorläufer des heutigen Projektionsapparates. Er konstruierte eine der ersten Rechenmaschinen und verwendete zur Temperaturmessung erstmals Quecksilber. In den Sprachwissenschaften schrieben die Jesuiten die ersten Grammatiken des Chinesischen, studierten als erste Sanskrit und schufen in Brasilien ein Wörterbuch mit Ausdrücken, die alle Indianerstämme verstanden. In den Missionen war die Astronomie eine wertvolle Stütze der apostolischen Arbeit. Besonders in China wurden Jesuiten als Hofastronomen mit der Reform des chinesischen Kalenders betraut. Sie zeigten, dass sie Sonnen- und Mondfinsternisse exakter voraussagen konnten als die einheimischen Astronomen und daher von den „Dingen des Himmels“ offensichtlich mehr verstanden. Wie intensiv der Orden in der Astronomie tätig war, zeigen die Namen von 32 Jesuiten, welche heute noch in der Mondgeographie zu finden sind.
Der Jesuitenstaat
Eine weitere Blüte jesuitischer Missionsgeschichte sind die Reduktionen in Lateinamerika. Ab 1610 wurden nomadisierende Indianer in Teilen der heutigen Staaten Paraguay, Brasilien und Argentinien in Siedlungen sesshaft gemacht. Sie lebten fortan von der Landwirtschaft. Grund und Boden waren Gemeineigentum. Die Reduktionen waren rasch, auch auf wirtschaftlichem Gebiet, erfolgreich. Es handelte sich um den Versuch, zusammen mit der Bekehrung der Indianer ein christliches Sozialsystem einzuführen und die Indianer so vor der Ausbeutung durch Spanien zu schützen. Zeitweise lebten rund 100.000 Einwohner in 30 Reduktionen. Der sogenannte „Jesuitenstaat von Paraguay“ bestand über 150 Jahre lang, von 1610 bis 1767, dem Jahr, in dem die Jesuiten aus Südamerika vertrieben wurden. Die Spanische Krone empfand die Reduktionen nämlich als „Staaten im Staat“ und bekämpfte sie.
Aufhebung des Ordens
Überhaupt wuchs während der ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts die Gegnerschaft der Gesellschaft Jesu. Im Zeitalter des Absolutismus verbreitete sich das Ideal der uneingeschränkten Herrschaft des Fürsten über alle Bereiche des Staates. Der Einfluss des Papstes wollte man auf die Ortskirche eindämmen. Die Jesuiten, direkt dem Papst unterstellt und nicht leicht in politische Grenzen einzufügen, wurden als Hindernis und Bedrohung wahrgenommen. Die weltlichen Herrscher sagten dem jesuitischen Schulsystem den Kampf an. Die Jansenisten warfen den Jesuiten Laxismus vor, die Aufklärer meinten, sie machten nur mangelnden Gebrauch von der Vernunft. Die gewaltsame Aufhebung des Ordens, von den europäischen Fürstenhäusern betrieben, vollzog sich in mehreren Etappen: 1759 wurden die Jesuiten aus Portugal, 1764 aus Frankreich, 1767 aus Spanien und Neapel und 1768 aus Parma vertrieben. 1773 gab Papst Clemens XIV. dem Druck der Bourbonenhöfe nach und hob den Jesuitenorden auf. Der Papst wies im Aufhebungsdekret zwar auf die früheren Verdienste des Ordens bei Vertiefung und Ausbreitung des Glaubens hin, betonte aber seine Pflicht, im Sinne des Friedens und zur Vermeidung von Streit und Zwietracht innerhalb der Kirche den Jesuitenorden aufzuheben. Akten, Briefe und Rechnungslisten wurden beschlagnahmt, der Ordensgeneral und seine Mitarbeiter verhaftet. Die einen Jesuiten wurden vertrieben, andere lebten in Weltpriestergemeinschaften weiter und gingen denselben Aufgaben wie früher nach. Allein in Russland wurde das päpstliche Aufhebungsdekret auf Geheiß der Zarin Katharina nicht verlesen. Sie wies den Jesuiten die Betreuung der katholischen Minderheit zu. So konnte dort der Orden in kleinen Zellen fortbestehen.
Wiederherstellung 1814
Nach der französischen Revolution, in der Zeit der Restauration, wurde auch der Wunsch nach der Wiederherstellung des Jesuitenordens laut. Der Orden wurde in England 1803, in Neapel 1804 und in den USA 1805 wieder zugelassen. Die offizielle Wiederherstellung erfolgte am 7. August 1814 in der Kirche Il Gesù in Rom. 150 Jesuiten aus der Zeit vor der Aufhebung wohnten der Feier bei, der jüngste unter ihnen war über sechzig. Zahlreiche ehemalige Jesuiten traten dem wiedererrichteten Orden aber auch nicht mehr bei.
19. Jahrhundert
Die Jesuiten vermochten mit Volksmissionen und der Neugründung von Kollegien das kirchliche Leben schnell zu erneuern. Der international konzipierte Orden hatte aber mancherorts Schwierigkeiten mit den entstehenden Nationalstaaten. Liberale und sozialistische Kräfte beobachteten ihn mit Argwohn. Unter dem Generaloberen P. Philip Roothaan SJ (†1853) wurde der Orden konsolidiert. Roothaan erließ eine neue Studienordnung und ließ die Exerzitien in neuer Gestalt geben. Unter ihm wuchs der Mitgliederbestand stark an. Die Blütezeit der Weltmission wurde unter ihm eingeleitet. Auf wissenschaftlichem Gebiet setzten sich die Jesuiten für eine Wiederbelebung der Scholastik und des Thomismus ein. Darin zeigt sich, dass sie im 19. Jahrhundert Vertreter der Restauration waren. Die Jesuiten waren treue Parteigängern von Papst Pius IX. Sie stützten 1871 auf dem Ersten Vatikanischen Konzil die Unfehlbarkeitserklärung des Papstes.
20. Jahrhundert
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebte die Gesellschaft Jesu ihr größtes Wachstum, besonders in den USA und Spanien. 1964 zählte sie 36.000 Mitglieder. Insgesamt begann sich die schöpferische Kraft des Ordens wieder zu regen. Dabei kam es zu einigen Akzentverschiebungen. Wohl blieb er vorerst ein Schulorden. Neben der Pflege der scholastischen und patristischen Tradition begannen sich Jesuiten mit aktuellen Wissenschaften auseinanderzusetzen. Herausragendste Vertreter sind der Paläontologe und Theologe Pierre Theilhard de Chardin (†1955), der Philosoph Erich Przywara (†1972) sowie die Theologen Henri De Lubac (†1991), Karl Rahner (†1984), Jean Daniélou (†1974) und Hans Urs von Balthasar (†1988). Jesuiten waren unter den maßgeblichen Kräften, die das Zweite Vatikanische Konzil (1963-1965) vorbereiteten, prägten und bei der Umsetzung halfen. In dieser Zeit verlagerte sich der Schwerpunkt des Ordens aus Europa in die großen Kontinente Lateinamerika und Asien. Damit gewann die Frage der sozialen Gerechtigkeit an Bedeutung. In der Generalkongregation von 1974/75 gab sich der Orden das Motto „Glaube und Gerechtigkeit“. Die Bekämpfung des Atheismus und die Auseinandersetzung mit dem Marxismus und seinem Gedankengut waren erklärte Ziele. In der Rückbesinnung auf seinen Ursprung im 16. Jahrhundert wurden auch die Exerzitien in ihrer ursprünglichen Form wieder erschlossen. An der Schwelle zum 21. Jahrhundert traten der interreligiöse Dialog und die Spiritualität wieder stärker ins Zentrum. Die allgemeine Kirchenkrise hat auch den Orden stark getroffen. Vor allem die USA und Europa waren von Austritten und sinkenden Ordensberufungen betroffen.

Zur Geschichte der Gesellschaft Jesu in Österreich

Um die Mitte des 16. Jahrhunderts war die religiöse Situation und besonders die Lage der katholischen Kirche in weiten Teilen der habsburgischen Erblande verworren: Viele Pfarren waren verwaist (in Wien hatte es 20 Jahre lang keine Priesterweihe gegeben) und der Großteil des Adels neigte dem Protestantismus zu. In dieser Lage ergriff König Ferdinand I. die Initiative. Schon 1542 hatte er P. Nikolaus Bobadilla kennengelernt, einen der ersten Gefährten des Ignatius, und am Augsburger Reichstag 1545 hörte er die Predigten des P. Claude Jay, von denen er tief beeindruckt war. So schrieb der König am 11. Dezember 1550 an Ignatius von Loyola nach Rom, dass er beabsichtige, in Wien möglichst bald ein Kolleg zu gründen. Dazu bitte er um die Entsendung von Claude Jay und einigen anderen Jesuiten. Ignatius stimmte sofort zu. Bereits am 25. April 1551 trafen die ersten Jesuiten in Wien ein, im März 1552 schloss sich ihnen P. Petrus Canisius an. Die Jesuiten begannen bald mit ihrer Lehrtätigkeit. 1554 zählte man in fünf Klassen bereits fast 300 Schüler. Ebenfalls in diesem Jahr übersiedelten die Jesuiten mit allen Schülern in ein neues Haus, in das ehemalige Karmeliterkloster Am Hof. Zur gleichen Zeit äußerte der König den Wunsch, ein Theologe möge ein kurzes Handbuch der christlichen Lehre verfassen. Daraus entstand der bekannte Katechismus des Canisius, der erstmals 1555 in Wien gedruckt wurde. Schulen und Kollegien wurden auch in Innsbruck (1562), Graz (1572), Linz (1608) und an anderen Orten eröffnet. 1563 wurde die österreichische Ordensprovinz gegründet. Sie umfasste bis 1773 Österreich und Ungarn (Böhmen war seit 1622 eine eigenständige Provinz; die Kollegien in Innsbruck und Hall gehörten zur Oberdeutschen Provinz). Im 18. Jahrhundert zählte sie bis über 1.900 Mitglieder, die in Schulen, Universitäten, als Beichtväter (auch des Kaisers, seiner Familie und zahlreicher Adeliger) und Prediger und in vielen anderen Bereichen tätig waren. Darunter waren auch herausragende Wissenschafter. In Österreich ist im Bereich der Astronomie etwa P. Maximilian Hell (1720-1792) zu nennen, im Bereich der Landvermessung P. Joseph Liesganig (1719-1799). Als der Orden 1773 durch den Papst aufgehoben wurde, wurden die Jesuiten in Österreich in der Regel nicht des Landes verwiesen, sondern konnten vielfach noch in den Bereichen Seelsorge, Bildung und Wissenschaft weiterarbeiten.
Rückkehr nach Österreich
1814 erfolgte die Wiedergründung der Gesellschaft Jesu durch Papst Pius VII. In Österreich lehnten aber besonders liberale Kreise wie auch die Hofstudienkommission eine Rückkehr der Jesuiten in die Habsburgermonarchie zunächst ab. Erst als der Orden 1820 von Zar Alexander aus Russland vertrieben wurde, erhielten die Jesuiten von Kaiser Franz I. die Erlaubnis, sich in Galizien niederzulassen. 1829 konnte dann ein Noviziat in Gleisdorf eröffnet werden, das aber noch im selben Jahr nach Graz übersiedelte. In Linz stellte der Hoch- und Deutschmeister Erzherzog Maximilian von Österreich den Festungsturm auf dem Freinberg für eine weitere Niederlassung zu Verfügung. 1837 trafen 23 Jesuiten dort ein, die sich vor allem dem philosophischen Studium widmeten, aber auch in der Seelsorge wirkten, Beichte hörten, predigten und Volksmissionen hielten. 1839 kam Innsbruck als dritte Niederlassung im heutigen Österreich hinzu, als die Jesuiten die Leitung des Gymnasiums, des Adeligen-Konvikts Theresianum und die Betreuung der Dreifaltigkeitskirche übernahmen und das Nikolaihaus als Wohnsitz der Kommunität erwarben. 1846 wurde die österreichisch-galizische Provinz geteilt und eine eigene „Provincia Austriaca“ mit 154 Jesuiten errichtet.
Neuerliche Verbannung
Im Zuge der Märzrevolution 1848 wurden die Jesuiten aus dem Kaiserreich Österreich verbannt und mussten größtenteils ins Ausland gehen. Zwei Mitbrüder (die Patres Max Klinkowström und Alois Kranewitter) begleiteten eine Auswanderergruppe nach Australien und begründeten so die australische Jesuitenprovinz. Nach dem Regierungsantritt von Kaiser Franz Joseph konnten die Jesuiten allmählich wieder zurückkehren: 1851 kamen die Jesuiten auf den Freinberg zurück und richteten dort ein bischöfliches Knabenseminar ein; 1852 wurde ein Noviziat in Baumgartenberg eröffnet (das dann 1859 nach St. Andrä im Lavanttal übersiedelte); 1856 wurde in Wien dem Orden die Jesuitenkirche (Universitätskirche) am Dr. Ignaz Seipel-Platz übergeben; im selben Jahr wurde die Jesuitenschule in Wien-Kalksburg eröffnet; 1857 bewilligte Kaiser Franz Joseph I. die Errichtung einer theologischen Fakultät in Innsbruck, die der Gesellschaft Jesu übertragen wurde. Neben den üblichen Tätigkeiten, nämlich Unterricht in Schule und Universität, Begleitung Marianischer Kongregationen, Geben von Exerzitien, Beichthören und Predigen widmeten die Jesuiten sich besonders den Volksmissionen. 1865 wurde in Steyr eine Niederlassung als Wohnstätte für die Volksmissionare begründet. Im selben Jahr erschien in Innsbruck der erste „Sendbote des göttlichen Herzens Jesu“, 1877 wurde die „Zeitschrift für Katholische Theologie“ gegründet. 1884 wurde in Wien-Lainz ein Jagdschloss als Ort für das Terziat erworben; 1889 wurde dann ein Exerzitientrakt angebaut. 1886 kehrten die Jesuiten nach Graz zurück, diesmal an die Stiegenkirche. 1888 wurde in Klagenfurt die Leitung des Priesterseminars übernommen. In Wien wurde in den Jahren 1899 bis 1903 die Canisiuskirche errichtet, 1909 konnten die Jesuiten wieder an die Kirche „Am Hof“ zurückkehren. Im selben Jahr bekam der Orden in Linz die Ignatiuskirche (den „Alten Dom“) übertragen, während 1910-11 in Innsbruck das Canisianum als internationales Priesterseminar erbaut wurde. Weiters gab es eine kleine Statio in Maria Taferl (1888-1894) und in den Kronländern Niederlassungen unter anderem in Budapest und Bratislava, in Trnava und Kalosca, in Mariaschein, Velehrad und auf dem Heiligen Berg in Hostein (Mähren), in Königgrätz und Prag, in Ljubljana und Zagreb, in Dubrovnik und Split, in Görz, Triest und Trient sowie in Travnik und in Sarajewo. 1909 errichtete der Generalobere die nun selbstständige und von Österreich unabhängige ungarische Provinz. Das Wirken der Jesuiten in der Zeit bis 1918 ist hineingestellt in die vielfachen Spannungen und Auseinandersetzungen dieser Zeit: liberale, kulturkämpferische, antikirchliche, ultramontanistische Kreise kämpften um Einfluss; dazu kamen große soziale Probleme und Gegensätze, die Nationalitätenfrage in der Habsburgermonarchie usw. Viele dieser Fragen wurden von den Jesuiten aufgegriffen und entschieden (bis hin zu einer gewissen Aggressivität) angegangen.
Bis 1945
Als Folge des Krieges kam es zu neuen Provinzgrenzen. 1919 wurden eine tschechoslowakische und eine jugoslawische Vizeprovinz gegründet. Die Zahl der Mitglieder der österreichischen Provinz sank damit von 592 auf 356. 1939 übernahm die Provinz zusätzlich die Verantwortung für ein Missionsgebiet in China und 1934 erstmals eine Aufgabe in der Stadt Salzburg, die Seelsorgestation St. Elisabeth. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten bedrohte den Jesuitenorden und einzelne Jesuiten: der Vorarlberger P. Alois Grimm wurde am 11. September 1944, der Südtiroler P. Johann Steinmayr am 18. September 1944 hingerichtet, der zum Tode verurteilte Südtiroler P. Johann Schwingshackl starb am 27. Februar 1945 in der Haft. 1938 wurden die Marianischen Kongregationen verboten, in Innsbruck die Theologische Fakultät in Innsbruck und das Canisianum beschlagnahmt, in Wien das Kollegium Kalksburg als Schule aufgehoben, in Linz der Freinberg vom Militär besetzt. 1939 wurden das Jesuitenkolleg in Innsbruck sowie die Niederlassung in Graz enteignet. 1940 mussten die Jesuiten St. Andrä verlassen, das Exerzitienhaus in Lainz wurde 1941 von der Heeresstandortverwaltung beschlagnahmt. In Wien gründete P. Georg Bichlmair die „Hilfsstelle für nicht-arische Katholiken“, die nach seiner Verhaftung 1939 von P. Ludger Born im Auftrag Kardinal Innitzers weitergeführt wurde. 1941 erließ Hitler den Geheimbefehl, alle Jesuiten als „n.z.v.“ (nicht zu verwenden) aus dem aktiven Wehrdienst zu entlassen.
Wiederaufbau und Gegenwart
Der Krieg mit all seinen Folgen und die Unterdrückung durch das Regime hatten den Orden schwer getroffen, dennoch ging der Wiederaufbau schnell und gut voran: Das Noviziat wurde bereits 1945 wieder in St. Andrä eröffnet, die enteigneten oder beschlagnahmten Häuser wurden sukzessive zurückgegeben, sodass die normale Arbeit wieder aufgenommen werden konnte. Die Katholisch-Theologische Fakultät kam mit Professoren wie P. Josef Andreas Jungmann oder P. Karl Rahner zu einer neuen Blüte und zog Studierende aus der ganzen Welt an. Ebenfalls in Innsbruck wurde 1964 von der mk das Kennedy-Haus errichtet. In Wien-Lainz wurde 1968 die Konzilsgedächtniskirche und daneben das soziale Bildungshaus gebaut, das heute als Kardinal König Haus gemeinsam mit der Caritas betrieben wird. 1952 wurde die Niederlassung „Am Hof“ in Wien geschlossen, 1955 die Niederlassung in Salzburg, 1957 in Graz, 1986 in Klagenfurt, 1999 in Wien-Canisius, 2002 in Wien-Kalksburg und 2012 in St. Andrä. Das Aloisanum am Freinberg wird seit 1991 von einem Trägerverein als katholische Privatschule in ignatianischer Tradition geführt, das Kollegium Kalksburg seit 1994. Im Jahr 2007 wurde in Graz wieder eine Niederlassung eröffnet. Im Anschluss an das 2. Vatikanische Konzil bekräftige der Jesuitenorden die soziale Dimension seiner Sendung. Aus dem von P. Walter Riener gegründeten Sozialen Bildungswerk wurde die Katholische Sozialakademie der Österreichischen Bischofskonferenz. P. Georg Sporschill begann 1991, sich um Straßenkinder in Rumänien zu kümmern. Daraus entstanden die Sozialprojekte Concordia.