Karl Rahner SJ
Theologe
Vom „Quickborn”, einer Jugendbewegung, geprägt, trat der gebürtige Freiburger 1922 in die Gesellschaft Jesu ein: in Feldkirch-Tisis, damals zur Oberdeutschen Ordensprovinz gehörend. Nach der üblichen Ausbildung, die ihn nach Pullach bei München, Feldkirch und Valkenburg/ Niederlande führte, wurde er 1932 zum Priester geweiht. Im Jahr darauf absolvierte er in St. Andrä im Lavanttal sein Tertiat.
Theologieprofessor
Ursprünglich zum Philosophieprofessor bestimmt, wurde Rahner unter Rückgriff auf frühere Vorarbeiten kurz vor Weihnachten 1936 in Innsbruck zum Doktor der Theologie promoviert. Nach der Habilitierung begann er im Wintersemester 1937/38 mit seinen Dogmatik-Vorlesungen.
Nach der Aufhebung von Theologischer Fakultät (1938) und Jesuitenkolleg (1939) in Innsbruck erhielt er „Gauverbot“. Er kam nach Wien, um im Geheimen Vorlesungen für Mitbrüder zu halten. Im Seelsorge-Institut wurde er zu einem der engsten Mitarbeiter von Prälat Karl Rudolf. Von einer Aushilfe kehrte er im Herbst 1944 wegen der näher rückenden Front nicht mehr nach Wien zurück, sondern blieb beinahe ein Jahr in der Pfarrseelsorge in Niederbayern.
Nach dem Krieg lehrte Rahner in Pullach, kam im August 1948 nach Innsbruck zurück und wurde 1949 Professor. Die Tiroler Landeshauptstadt wurde zu seiner „theologischen Werkstatt“: Er hielt Vorlesungen und Seminare, predigte regelmäßig, gab Exerzitien und war ein gefragter Vortragsredner. Neben eigenen Veröffentlichungen machte er sich als Wissenschaftsorganisator einen Namen. Die Herausgeberschaft etlicher Lexika und Handbücher begründete seinen internationalen Ruf. Die Universitäten München (1964-67) und Münster (1967-71) waren weitere Stationen seiner akademischen Laufbahn.
Konzil und Synode
Rahners Teilnahme am Zweiten Vatikanischen Konzil – er war Kardinal Königs persönlicher theologischer Berater – sollte in letzter Minute verhindert werden. Der Vortrag „Löscht den Geist nicht aus!“ am 1. Juni 1962 auf dem Katholikentag in Salzburg wurde zum Auslöser für eine „römische Vorzensur“. Papst Johannes XXIII. durchschaute das Manöver (einiger Kurienkreise) und rehabilitierte Rahner kurz vor Konzilsbeginn. Auf der Würzburger Synode (1971-75) engagierte sich Rahner stark. Im Herbst 1981 übersiedelte er dann ein letztes Mal und kam aus München nach Innsbruck zurück.
… um der Seelsorge willen
Rahners Arbeitsethos kommt in einem ORF-Interview zum Ausdruck: „Ich habe immer Theologie betrieben um der Verkündigung, um der Predigt, um der Seelsorge willen“ Und weiter: „Ich bin kein Wissenschaftler und will auch keiner sein, sondern ich möchte ein Christ sein, dem das Christentum ernst ist, der unbefangen in der heutigen Zeit lebt und von da aus sich dann dieses oder jenes und ein drittes und ein zwanzigstes Problem geben lässt, über das er dann nachdenkt; wenn man das dann ,Theologie‘ nennen will, ist das ja gut.“ Akademisch-distanziert klingt das nicht. Aus dem Geist der ignatianischen Exerzitien schöpfend, ließ sich er in Anspruch nehmen. Von Gott sei zu reden, meinte er, leidenschaftlich, mit Herzblut.
Und so dozierte, so schrieb, so predigte er auch, und viele spürten: Da redet und schreibt einer, der Gott erfahren hat und nicht nur darüber spekuliert. Er wollte in erster Linie der Pater Karl Rahner sein. Das Ordenskürzel SJ hinter seinem Namen bedeutete ihm mehr als eine biographische Fußnote.
Kirchlichkeit
Der gemeinhin als „schwierig“ zu lesen geltende Jesuit zählt nach wie vor zu den geistlichen Best- und Longsellern. „Worte ins Schweigen“ etwa oder „Von der Not und dem Segen des Gebetes“ sind Tausenden zur Glaubens- und Lebenshilfe geworden. Seine „frommen“ Bücher waren Rahner ebenso wichtig „wie die sich theologisch gebenden Arbeiten“. Dass Rahner nach wie vor gelesen wird, dass er der Theologie zu denken gibt, dass er auch heute noch auf suchende Menschen wie ein Blitzschlag wirken kann, dass Leser aufatmen und ihre eigenen Fragen bei ihm entdecken – das ist der beste Gegenbeweis gegen das Klischee vom „schwierigen“ Rahner, der manchen gar als häretisch gilt.
Rahner ist immer für den „Mut zum kirchlichen Christentum“ eingetreten. Von freischwebender, unverbindlicher Religiosität hielt er nichts. Er sparte nicht mit „Zwischenrufen“. Aber an seiner Kirchlichkeit können nur die zweifeln, die seine Texte nicht wirklich kennen.
Der „antibiographische Typ“ Karl Rahner sagt von sich selber: „Ich habe kein Leben geführt; ich habe gearbeitet, geschrieben, doziert, meine Pflicht zu tun, mein Brot zu verdienen gesucht. Ich habe in dieser üblichen Banalität versucht, Gott zu dienen, fertig.“ Redet so ein „Startheologe“, der einzig auf sein „Image“ bedacht ist?
In der Krypta der Innsbrucker Jesuitenkirche liegt der große Jesuit begraben. Während meiner Promotionszeit habe ich ihn dort oft besucht. Dafür geniere ich mich nicht. Ein kleiner Doktorand suchte Trost und Ermutigung. Man wird seine Abhandlungen, Meditationen und Predigten noch lange lesen, davon bin ich überzeugt. Auf diese Weise bleibt Karl Rahner präsent.
Andreas Batlogg SJ