Hl. Joseph Pignatelli SJ
Inoffizieller Oberer der Jesuiten
während der Zeit der Aufhebung
Joseph (Giuseppe) Maria Pignatelli wurde am 27. Dezember 1737 als Sohn eines neapolitanischen Vaters und einer spanischen Mutter im elterlichen Palast in Saragossa (Spanien) geboren. Nach dem Tod seiner Mutter 1743 übersiedelte er mit seinem Vater und seinen Geschwistern nach Neapel. Als vier Jahre später auch sein Vater starb, kehrte Pignatelli nach Saragossa zurück, wo er gemeinsam mit seinem Bruder die Schule der Jesuiten besuchte. 1753 trat er in die Gesellschaft Jesu ein; nach dem Noviziat in Tarragona studierte er zunächst Philosophie und danach Theologie. Im Dezember 1762 wurde er zum Priester geweiht. In den Jahren darauf unterrichtete er an jener Schule, die er selbst besucht hatte, und wirkte als Seelsorger bei Gefangenen und zum Tode Verurteilten.
Diese Tätigkeit fand ein plötzliches Ende, als König Carlos III. 1767 die Jesuiten aus Spanien auswies und ihren Besitz konfiszierte. Pignatelli hätte sich auf seine Privilegien als spanischer Grande berufen und im Land bleiben können, zog es jedoch vor, seine Mitbrüder ins Exil nach Italien zu begleiten.
Nach einer dreimonatigen Überfahrt wurde den 13 Schiffen, auf denen sich die Deportierten befanden, die Landung in Civitavecchia an der italienischen Westküste und danach auch in Bastia/Korsika verwehrt. Erst in Bonifacio, an der Südspitze Korsikas, durften sie an Land gehen und ein Jahr lang bleiben, bis diese Insel 1768 von Frankreich gekauft wurde. Wieder wurden die Jesuiten in Schiffe verfrachtet und diesmal nach Genua gebracht. Von dort aus mussten sie einen Fußmarsch von 300 Meilen bis nach Ferrara auf sich nehmen. In dieser Stadt lebte ein Cousin Pignatellis, der als Kardinal den Jesuiten den Aufenthalt ermöglichte. Ihre Lage wurde aber immer schwieriger, da zahlreiche Herrscher Europas Druck auf Papst Klemens XIII. ausübten, er solle die Gesellschaft Jesu aufheben. Er selbst widerstand, aber sein Nachfolger, Klemens XIV., löste 1773 den Jesuitenorden auf.
So wurden 23.000 Jesuiten über Nacht zu Ex-Jesuiten. Pignatelli übersiedelte mit seinem Bruder nach Bologna, wo er die nächsten 24 Jahre seines Lebens verbrachte. Da Zarin Katharina die Große die Veröffentlichung des Aufhebungsbreves untersagt hatte, hatte es keine Gültigkeit in ihrem Reich – aus diesem Grund hörte die Jesuiten-Provinz im Gebiet Weißrusslands nicht auf zu bestehen. Pignatelli schrieb an den Provinzial dieser Provinz und bat um neuerliche Aufnahme in den Orden. Zur gleichen Zeit wollte der Herzog von Parma, Ferdinand, die Gesellschaft wieder in seinem Herzogtum ansiedeln und wandte sich mit dieser Bitte ebenfalls an den weißrussischen Provinzial. Als daraufhin 1793 drei Jesuiten aus Russland eintrafen, um eine Kommunität in Parma zu eröffnen, trat Pignatelli in Kontakt mit ihnen und erneuerte 1797 seine Ordensgelübde. Zwei Jahre später wurde er Novizenmeister in Colorno, dem einzigen Ort in Westeuropa, wo damals ein Jesuitennoviziat bestand. 1803 ernannte ihn der russische Obere zum Provinzial von Italien – dieses Amt übte er bis zu seinem Tod aus, seine Mitbrüder in allen Schwierigkeiten immer wieder ermutigend und in der Hoffnung auf die Wiedererrichtung der Gesellschaft stärkend.
Nachdem 1804 napoleonische Truppen Parma eingenommen hatten, mussten die Jesuiten die Stadt verlassen und nach Neapel ziehen. Dort hatte Papst Pius VII. im Juli 1804 durch Spezialerlass die Gesellschaft Jesu für das Königreich beider Sizilien erneut zugelassen. In den folgenden zwei Jahren kehrten viele Jesuiten aus der Zeit vor 1773 in den Orden zurück. Doch 1806 eroberte der Bruder Napoleons, Joseph Bonaparte, das Gebiet und zwang die nicht-einheimischen Jesuiten, das Land zu verlassen. Sie gingen nach Rom, wo sie von Pius VII. willkommen geheißen wurden. In St. Pantaleon bei Rom gründeten sie eine Kommunität, und bald gab es weitere Niederlassungen in Tivoli und ein Noviziat in Orvieto. Auch in Sizilien wurde der Orden 1807 wieder zugelassen.
Während seiner letzten beiden Lebensjahre litt Pignatelli unter Blutungen, wahrscheinlich verursacht von Magengeschwüren. Am 15. November 1811 starb P. Joseph Pignatelli. Er wurde von Papst Pius XI. 1933 selig- und von Pius XII. 1954 heiliggesprochen.
Sein Andenken wird am 14. November gefeiert.