Domenico Zipoli SJ
Komponist
Domenico Zipoli wurde 1688 in Prato in der Toskana geboren. 1709 ging er nach Rom, um dort unter der Leitung von Bernardo Pasquini zu arbeiten, der einer der angesehensten Virtuosen und Lehrer seiner Zeit war. Wahrscheinlich hat er auch bei Alessandro Scarlatti studiert, der dominierenden Persönlichkeit der italienischen Musik zur Zeit des Hochbarock. Zwischen 1709 und 1716 komponierte er wenigstens drei Oratorien, eine Messe, zwei Kantaten, eine Sonate für Violine und die „Sonata d’Intavolatura“, eine einzigartige Sammlung von Werken für Orgel und Cembalo. Dieses letzte Werk, das Zipoli in Europa schuf, zeigt eine perfekte Meisterschaft im Stil der Zeit und eine reife, ausgeprägte musikalische Persönlichkeit.
1716 trat Zipoli in Sevilla in den Jesuitenorden ein und ging als Missionar nach Südamerika. 1717 kam er nach Cordoba (heute Argentienien), wo er bis zu seinem frühen Tod 1726 lebte und arbeitete. In diesen wenigen Jahren schuf er auf der Basis des italienischen Barock eine Musik für die von den Jesuiten geleiteten Indianer-Dörfer, die sogenannten Reduktionen. Er komponierte keine Konzerte zur Unterhaltung für Kenner und Musikliebhaber, sondern er vereinfachte die ihm geläufige musikalische Form der Renaissance und des Barock und schuf eine Art Volksliturgie. Diese Liturgie feierten an Sonn- und Feiertagen die Indios zusammen mit den Jesuitenpatres in ihren Kommunen.
Erst 1959 wurde in Sucre in Bolivien eine dreistimmige Messe für Orgel und zwei Violinen entdeckt, die Domenico Zipoli zugewiesen wird. Jahre später gab die Entdeckung und Auswertung der Archive der Chiquitos in Conception den Blick frei auf das Leben und Werk dieses großen Komponisten, der zugleich Europäer und Südamerikaner war. Zipoli war es gelungen, die komplexe musikalische Sprache des europäischen Barock in Südamerika neu zu erarbeiten und zu vereinfachen, ohne das musikalische Interesse und die ästhetische Qualität aufzugeben. So übte er einen bedeutenden Einfluss auf die Pflege der Musik in den Reduktionen aus, wo die Barockmusik noch lange weiterlebte, als sie in Europa schon längst vergessen war